Die Haut hinter den Worten
Gedichte 1995 -
2000
FENSTER, STRECKEN, LÄUFE
für Gustaf Sobin
klagenvoll und - ja, dieser Tag scheint
hinauf zu dämmern ins
Unwohnliche: doch
die Muskeln des Lichts strecken sich schon
irgendwo in der Grautonskala
der Wände:
Grashalme, bachseits, und Taufragmente
glitzern, wie vereinzelte Klänge
noch vorm Wort:
geh eine Strecke, entlang
der Rinnsale, die in andere münden, wie ein
Fenster sich öffnet
ins nächste:
leg die Geographie der Flüsse
über
dein leeres Blatt,
sprich mit dem Atem die Verben aus,
die in Reglosigkeit darauf
warten:
und, ich weiß, die Worte werden sich
entpuppen, gratias agimus
terrae, während der
Dämmerung..
Stimmen
zu "Die Haut hinter den Worten"
Gedichte 1995 -
2000
"Brôcan ist dabei, in der Arbeit am Wort
das Wichtigste,
nämlich seinen menschlichen Weg zu finden."
- Gotthard de Beauclair
"Durch
präzise Nennung im Gedicht schiebt Brôcan die
Exkremente
unserer Konsumwelt beiseite, geht unseren Widersprüchen und
Widerständen,
Vorlieben und Abneigungen zuleibe, wühlt in Wunden, hantiert
mit allen
möglichen zeitgenössischen Giften und Waffen, die
Chance nutzend,
der Schönheit aus all dem Unrat zum Durchbruch zu verhelfen."
- Lothar Klünner
"Hier
scheint es mir, daß solche Sprache heute mehr als je
in einer Art Öde sich verliere."
- Philippe Jaccottet
"Klar,
gewichtslos und erhellend - wie es alle Dinge sein müssen -
über der Geliebten."
- Gustaf Sobin
Jürgen Brôcan, "Die Haut
hinter den Worten. Gedichte 1995 - 2000", Edition An der Leine,
Göttingen 2000 (ISBN: 3-8311-0525-1) (vergriffen).