Georges Schehadé: Lyrik I-VII
LYRIK VII
[postum 1998]
I
Die an der Liebe gestorbenen Mädchen
Kehren manchmal zurück in die Häuser
Sie strecken sich aus auf den Sofas
Und die Lampen blicken ihnen nach
Dann laufen sie gegen die Wände
Auf der Suche nach ihrem Schatten
Die Spiegel wenden die Köpfe ab
Und die Stille bleibt taub
Beim ersten Schimmer des Morgens
Erreichen sie wieder die Himmelswege
Sie tragen lächerliche Masken vorm Gesicht
Um uns nicht das Herz zu zerreißen
II
Auf einem Berg wo der Wind sich entkleidet
Wenn die Troubadoure des Mondes
An einem Sommerabend
Um unsere Herzen würfeln werden
In diesem unglücklichen Land
Für dich schöner als je zuvor
Wirst du durch den Nebel davongehn
III
Unterm vor Sternen stummen Licht
Sprach aus der Ferne eine Quelle von Liebe
Zu dem heimgekehrten Vogel
Es war in einem Obstgarten zur Abendstunde
Die Schwere der Äpfel sank in den Schatten
IV
Zur steifen
Schildkröte
Sagt der Fink
Nun flink nun flink
Aber der Kauz
Fliegt stracks
Ins Geheimnis
Des Walds
V
Dann fiel der Regen.
Er fiel geballt in die Bäume,
Behutsam und wie angetraut seinem Spiel.
Aber der Zink und die Rose
Haben Gongs geschlagen.
Regen der frühsten Kindheit,
Regnerischer Feldherr, rote und weiße Tinte
Auf der Glut der Rosenstöcke.
VI
- Nahe dem Schmerz einer Weide
O winzige Wolle des Regens
VII
Herbstblätter folgten mir Schritt um Schritt
Tief in der Nacht auf diesen Berg
Während der Wind die letzten Sterne
Vom morgendlichen Weg trieb
Ein Lamm und ein Engel zogen in der Ferne
vorüber
(Aus
dem Französischen übertragen von Jürgen
Brôcan.)
Georges Schehadé, "Poesie I-VII"
ist im Hans Schiler Verlag, Berlin 2006,
erschienen.